G. Fritze Margull (1994)

25 Jahre improvisierte Musik 1969-1994

Durch die von FMP vorangetriebene Entwicklung einer neuen und eigenständigen Musikszene und deren beispielhafte Repräsentation, hat sich die Free Music Production einen Namen gemacht, der heute nicht mehr definiert oder vorgestellt werden muss.

Nach einem Vierteljahrhundert FMP gehören die Anfangsjahre schon zur Geschichte, der eigenen, wie auch zur Geschichte der europäischen improvisierten Musik. Das Credo der FMP lautet: Die Free Music Production ist ein Unternehmen, das sich zur Aufgabe macht, mit der Veranstaltung von Konzerten und der Produktion von Tonträgern improvisierte Musik zu präsentieren, aufzuzeichnen und öffentlich zu machen.

Ob diese Eigenforderung auch zu realisieren ist, ist mehr als zweifelhaft, als sich die FMP als Musikerinitiative – von Jost Gebers, Peter Brötzmann, Peter Kowald und Alexander von Schlippenbach 1969 konstituiert – daran macht, die bis dahin vereinzelten Aktivitäten und Initiativen einiger Musiker unter diesem Anspruch zusammenfassen. Doch das Konzept bleibt flexibel und trägt heute noch.

Bereits im Gründungsjahr wird, in Zusammenarbeit mit der „Akademie der Künste“ Berlin, der erste „Workshop Freie Musik“ veranstaltet. Die Veranstaltungsreihe, fünf Tage, in denen Musik erprobt und vorgestellt wird, ist von Beginn an für die Musiker und die Zuhörer beispielhaft. Das Aufzeigen des kreativen Prozesses, in manchen Jahren noch durch öffentliche Proben verdeutlicht, erleichtert den Zugang und das Verständnis dieser Musik, die damals neu und noch unerforscht ist.

Als „Gegenfestival“ zu den offiziellen „Berliner Jazztagen“ erdacht, präsentiert sich bereits ein Jahr zuvor (1968) das „Total Music Meeting“, der zweite Schwerpunkt im zukünftigen Veranstaltungsprogramm der FMP. Auch hier ist der Ansatz, in anderer Art und Weise, ein mehrtägiges Festival zu initiieren, exemplarisch geworden. Das TMM offeriert die aktuellen Entwicklungen des Free Jazz/der Improvisierten Musik. Beide Veranstaltungsreihen erweisen sich in ihrer Art als stimmig und sind beispielgebend für einige der wichtigen Festivals weltweit. Und – noch immer ist ein enger Kreis von Musikern konzeptioneller Mitgestalter.

Die erste FMP Schallplatte (FMP 0010, „European Echoes“, Manfred Schoof Orchestra, aufgenommen Juni 1969) symbolisiert den Schritt über die geographischen Grenzen Berlins. Welches Netzwerk an sich daraus entwickelnden Verbindungen, gegenseitiger Wahrnehmung und musikalischen Austausches rund um den Globus die Folge der Schallplattenproduktion ist, ist im Katalog der FMP nachzulesen.

Der im Herbst 1972 informelle Kontakt zu Jazz-Musikern in Ost-Berlin führt bereits 1973 zur ersten Produktion mit DDR-Musikern auf dem FMP-Label (FMP 0140, „Just For Fun“, Ernst-Ludwig Petrowsky Quartett). In der Folge entstehen weitere, meist unter schwierigen administrativen Bedingungen realisierte Aufnahmen und dokumentieren die sich im Aufbruch befindliche Jazzszene/DDR. Ab 1978 hat die Staatsgrenze eine, zwar oft knirschende, „FMP-Tür“, die in Jahren zur Schwingtür in beide Richtungen mutiert. Mit der Dokumentation "For Example – 10 Jahre Workshop Freie Musik, 1969 bis 1978" (Foto/Textbuch und drei LPs im Schuber) legt die FMP eine erste Bestandaufnahme der westeuropäischen Entwicklung der Improvisierten Musik vor.

Im vergleichbaren Kontext steht „Snapshot/Jazz aus der DDR“ (Doppel-LP mit Textheft 1981). Dreiundzwanzig Musiker präsentieren im August 1979 in der Berliner Akademie der Künstler Facetten der Jazzszene der Republik.

Improvised Music II“ 1988 stellt Cecil Taylor mit europäischen Musikern vor (Cecil Taylor – Solo – in Duos mit Günter Sommer, Paul Lovens, Louis Moholo, Han Bennink, Tony Oxley, Derek Bailey und dem „Cecil Taylor European Orchestra“, Ensemble- und Pianoworkshops).

1989 erscheint die Dokumentation dieses Arbeitsaufenthaltes „Cecil Taylor in Berlin ’88“ (elf CDs mit Foto-, Textbuch und Diskografie aller beteiligten Musiker). Diese einmalige Edition erhält weltweite Beachtung und Anerkennung und 1990 den „Preis der deutschen Schallplattenkritik“.

Nachdem das jahrelang als Herbstdomizil dienende „Quartier Latin“ in seiner alten Form nicht mehr existiert, etabliert sich das TMM 1991 im „Podewil“ (vormals „Haus der jungen Talente“, Ost-Berlin).

1992 25. Total Music Meeting
1993 25. Workshop Freie Musik
1994 25 Jahre Free Music Production

aus: Faltblatt der Free Music Production (1994) : Eine Übersicht