Improvised Music II/88
Kongreßhalle Berlin

Achim Heppelmann (1988)

improvised music II/88

Ein geradezu monumentales Projekt verspricht der zweite Teil der „lmprovised Music“ im Rahmen der Werkstatt Berlin zu werden: Für einen ganzen Monat kommt vom 17.Juni bis zum 17.Juli noch einmal der Klaviergigant Cecil Taylor nach Berlin, um sich mit den unterschiedlichsten west- und osteuropäischen Musikern zu konfrontieren.

„Als Cecil Taylors Spielgeschwindigkeit die Schallgrenze durchbrach, ergab sich kein Knall, sondern der ungleichzeitige Cluster“. Jürg Laederach aus der Schweiz - nicht zum ersten Mal zitiert, aber immer noch recht treffend.

Der allseits trainierte, ausgebildete und eigensinnige Cecil Taylor: Vor zwei Jahren nahm der wahrscheinlich wichtigste und einflussreichste amerikanische Musiker des letzten Vierteljahrhunderts bereits sehr erfolgreich am Workshop Freie Musik '86 teil. Im Juni und Juli wird Taylor im Mittelpunkt verschiedener musikalischer Ereignisse in der Kongresshalle stehen.

Über die Zeit verteilt will Taylor ein Solo-Konzert und sechs Duo-Konzerte geben: fünf mit den Perkussionisten Günter „Baby“ Sommer, Paul Lovens, Han Bennink, Tony Oxley und Louis Moholo ( - der als Südafrikaner im Londoner Exil im Rahmen des Europajahres E88 durchaus als Europäer gelten darf...). Das sechste Duo soll - auf Taylors ausdrücklichen Wunsch hin - der englische Gitarrist Derek Bailey vervollständigen.

Daneben wird Cecil Taylor mit seiner 17 köpfigen European Big Band zwei Wochen lang ein Programm einstudieren, das am 1.und 2.Juli zur öffentlichen Aufführung gelangen soll. Während der zweiten Probenwoche sind abendliche öffentliche Sessions angesetzt, deren Besetzung die Musiker kurzfristig festlegen. Die Cecil Taylor European Big Band ist übrigens eine neue Zusammenstellung europäischer Freier Musiker; aus seiner Euro-American Band von 1986 tauchen beim neuen Projekt nur noch die Namen Peter Brötzmann, William Parker und Hannes Bauer im Line-Up auf.

Parallel zu den Konzerten und Arbeitsphasen wollen zehn der beteiligten Musiker Workshops und Lectures abhalten, Taylor selbst will eine Piano Master Class betreuen. Diese Veranstaltungen sind nicht öffentlich und auf wenige Teilnehmer beschränkt.

Von einem eintägigen Gastspiel in Italien abgesehen, wird sich Cecil Taylor während der gesamten Laufzeit des Projektes in Berlin aufhalten. Allerdings wird er in dieser Zeit (mit einer Ausnahme) nicht, wie an einigen Stellen bereits ähnlich verlautete, durch die Bezirke tingeln und in den Hinterhöfen Klavier spielen.

aus: Broschüre „improvised music“, Free Music Production(FMP), 1988

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