For Example/Workshop Freie Musik - 1969-1978

Nino Malfatti (1978)

Dieser Text kann nur subjektiv sein. Weder ist Musikwissenschaft noch Literatur mein Metier. Das Statement ist widerlegbar. Doch ist das Milieu bekannt, das handgestrickte, Vereinsmeierische mancher Jazzkeller, der existentialistische Flair pseudointellektueller Luft, die nach feuchten Mauern riecht, wo die Intention ständig im Raume und der Kreation im Wege steht.

Dies alles fehlt den Workshops. Es findet keine Reproduktion statt. Es wiederholt sich zwar das Ereignis, doch nie bereits Gemachtes. Was hier geschieht ist formuliertes Experiment, Zufall, doch haftet diesem nichts Spektakuläres, Spekulatives an, man setzt ihn voraus, macht ihn sozusagen zur Basis. Je unauffälliger und runder der Ablauf, desto enger war der Zufall mit dem Wissen und Können ein Ganzes. Spontaneität und Sensibilität, Bewegung im Stillen, Konzentration im Lauten, das ernstgemeinte Umgehen mit dem Spiel formt sich zu neuer Ästhetik. In der Ökonomie beweist sich Intelligenz.

Erfindungen sind risikolos, sie werden sofort benutzt, die Präzision ist bemerkbar. Sie hat nicht die Glätte der einstudierten Routine. Nahtstellen steigern sich zur Spannung. Fragen werden gestellt, die Antwort ist Musik. Jeder ist in seiner Zeit und regiert auf sie, spielend. Die tägliche Konstitution fördert oder beeinträchtigt das Ergebnis, die Philharmonie muss täglich neu gegründet werden, und findet manchmal auch nicht statt; dann war die Vielfältigkeit zur Mördergrube geworden, zur Umklammerung, man schlägt sich mit den eigenen Waffen. Die Toleranz wird eng. Gähnendes Geplätscher von Mittelmusik kommt dennoch selten vor: man bricht vorher ab.

Wie bei sonst keiner Musik, ist diese, als das was sie ist, zu nehmen. Nämlich als Musik, das Assoziations-Feld beschränkt sich auf das rein Hörbare, romantische Ausflüge in Landschaft, Träume und Gefühle sind nicht durchführbar. Die Brillanz der einen Präsenz genügt sich, jedoch ohne sich zu bescheiden. Sie beschäftigt sich ausschließlich mit Musik und wird, jedes Literarische ablehnend, zur Abstraktion. Doch bewahrt die Weite dieser neuen Realität dem Individuellen den Freiraum.

Trotz Sprödigkeit und Abstraktion ist das Ganze: Die Musik, verbunden mit dem sichtbaren Ambiente, welches ausgleichend wirkt, und notwendig ist, wenn sich die Musik dem Nur-Enthusiasten doch manchmal entzieht, weder ein technisch-unterkühltes, noch weltfremd-pathetisches Ereignis. Im Wesen zwar romantisch, ist es richtig in der Zeit und klar aus ihr entstanden. Dass es sich auch gegen sie richtet, finde ich gut.

zurück