FMP/FREE MUSIC PRODUCTION - An Edition of Improvised Music 1989-2004

FMP CD 56

G. Fritze Margull

 

- Warum gehört dieses Trio zu den Besonderen?
Es ist nicht die eigenwillige Kombination von Stimme, Klavier und Posaune und auch nicht (nur) das Zusammentreffen dreier Persönlichkeiten, bestens vertraut mit ihren Klangerzeugern, es ist - wie immer das Wichtigste -, das was sie tun: Sie praktizieren Musik ohne Vorbild. Musik, in der die Dreiteilung des Klangs aufgehoben scheint, Musik, die sich nur mit sich selbst vergleicht. Die Begriffe und Umschreibungen, die in Rezensionen ihrer Auftritte dem Trio gleichsam nachgeschleudert werden, und manche treffen auch (zu), kann der Hörer von "ORGANO PLENO" selbst finden und die kargen Bezeichnungen Pars l-XV damit beleben.

- Wie entsteht so ein Trio?
In diesem Fall fand sich zuerst ein Duo: Annick Nozati und Fred Van Hove, Dozenten eines Sommerworkshops in Cluny, Frankreich, 1984. Im November desselben Jahres ein erster öffentlicher Auftritt im "Dunois" in Paris. Zwei Jahre und viele Konzerte später, spielten auch mal (1986) Mark Charig oder Phil Wachsmann als dritte Stimme mit. Doch immer wieder Duo-Auftritte, bis anlässlich einer DDR-Tournee (September 1987), Johannes Bauer hinzu kam und dabei blieb es.

- Und, was macht die Arbeit, viel unterwegs?
Immer wieder schwierig, für diese "verstiegene" Musik Auftritts-Möglichkeiten zu finden. Und doch war das Trio - gelegentlich erweitert als "Trio plus z.B. Evan Parker, Paul Rutherford, Benoit Viredaz, André Goudbeek ..." - in den letzten Jahren auf den meisten Festivals für improvisierte Musik. Eine Duo-LP bei "nato", Frankreich (Nr. 994), August 1986. Im September 1988 Trio- Aufnahmen für "Amiga", DDR (Nr. 856411). (Anekdote [Fred Van Hove]: "Hannes hatte "Amiga" angeboten, eine Produktion seiner Workshopband zu machen. Doch "Amiga" hat mit der Zusage solange gewartet, bis es die Band gar nicht mehr gab, so ergaben sich stattdessen die Trio-Aufnahmen.")

- und wie ...?
Fred Van Hove: "Wir proben nie. Wir kommen zusammen und auch nach langer Zeit geht es von Anfang an wieder prima. Diese organische, manchmal auch orgiastische Art Musik zu machen, liebe ich sehr. Bei keinem von uns Dreien geht es um die Show oder das einzelne Solo, doch versuchen wir jedes mal aus dem Nichts die beste Musik zu machen. Das verstehe ich unter 'Improvisierter Musik'. Natürlich sind nicht nur die Emotionen beteiligt, der Kopf, die Überlegungen sind dabei und egal ob man da ab und zu mal stolpert, irgendwann im Verlauf des Spiels erreichen wir es doch."

- Was, bitte?
Nun, das, was die ,lmprovisierte Musik', so wie sie Fred Van Hove ganz einfach definiert, einmalig macht. Den nicht geplanten Moment, das Zusammenwirken aller im Spiel enthaltenen Elemente, das also, weshalb man diese Musik hört und hören will. Bauer/Nozati/Van Hove erreichen dies durch ihre Spielhaltung, die erlaubt, auf die eigene Spontaneität zu vertrauen und sich auf die Wechselwirkung mit den Mitspielern einzulassen. Die Sicherheit, mit der dies geschieht hat ihren Hintergrund, wobei die unterschiedlichen musikalischen wie persönlichen Lebensläufe Spannungsfelder und Reibeflächen bieten.

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