FMP/FREE MUSIC PRODUCTION - An Edition of Improvised Music 1989-2004

FMP CD 6

Bert Noglik

 

17. JULI '88

Sie spielen ganz dicht miteinander, verfolge einer des anderen musikalische Bewegung - fast wie zwei Zugvögel, die Schwingungskurven mit biologischem Instinkt synchron ausgestalten. Dabei kommen Cecil Taylor und Tony Oxley aus unterschiedlichen kulturellen und musikalischen Traditionen. Dass sie auf eine so sichere Weise zueinander finden, hat gewiss auch damit zu tun, in welchem Maße beide die Erfahrungen von schwarzer Musik und europäischer Moderne assimilieren konnten und wollten. Keine modische Grenzüberschreitung, um sich auf kleinsten gemeinsamen Nenner zu treffen, sondern eine auf musikalischer Identität beruhende Öffnung von beiden Seiten aus, die für sich in Anspruch nehmen kann, aktuelles Klangbewusstsein zu manifestieren.

Kaum ein Duo, in dem das Fließende, das Pulsierende mit all den innerstrukturellen klanglichen Differenzierungen auf solche Weise lebendig geworden wäre. So wie Taylor jahrzehntelang an seiner musikalischen Sprache gearbeitet hat, kam auch Oxley über eine weite biographische Wegstrecke zu einer individuellen, perkussiv geprägten Schlagzeugspielweise, in der die Schemata historisch überlieferter Taktarten von fließenden, beweglichen Formen abgelöst wurden. Die Gleichförmigkeit rhythmischer Muster durchbrechend, gelang es zugleich, das Gefühl für Kontinuität und Intensität zu steigern. In diesem Bestreben begegnen sich Taylor, der vornehmlich aus den Traditionen schwarzer, indianischer und auch asiatischer Kultur schöpft, und Oxley, der über die Beschäftigung mit Jazz zur Improvisation und schließlich zu einer europäisch geprägten Klangsprache gefunden hat. Doch seit Musik in eine Weltsituation getreten ist (was mit den konstruierten- Fusionen von Weltmusik freilich nichts zu tun hat), lässt sich das eine nicht mehr separat vom anderen denken und betreiben. Fundierung in der eigenen Tradition erscheint unerlässlich, aber auch Offenheit für das, was sich auf gleicher Ebene und mit gleicher Ernsthaftigkeit anderswo entwickelt hat. So sind sich Cecil Taylor und Tony Oxley begegnet - intuitiv und mit ebenbürtiger Ernsthaftigkeit. Den vordergründigen Kontrast vermissen lassend, offenbart dieses Duo in den Differenzierungen des klanglichen Pulsierens ein hohes Maß von Erfahrungen, die über Jahrzehnte akkumuliert wurden.

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